Ausser Rand und Band
Wild wären sie wohl noch heute: die Halbstarken aus den späten 50er und frühen 60er Jahren. Doch damals trafen sie auf eine völlig unvorbereitete (Erwachsenen)welt.
Die Aufmärsche am Zürcher Knabenschiessen versetzen die einen in Angst und Schrecken während sich die andern über die angeblich fehlgeleiteten und verwahrlosten Jugendlichen aufregten und den Einsatz der Polizei forderten, um Recht und Ordnung wieder herzustellen.
Wie konnte eine so kleine Gruppe Jugendlicher derart Aufsehen erregen? Den Halbstarken gemeinsam war die Begeisterung für den Rock'n'Roll aus Amerika, ja überhaupt, für das, was die amerikanische Kultur(industrie) an Angeboten und Verheissungen für Jugendliche und junge Erwachsene bereithielt. Was für ein Unterschied zur spiessigen Lebensweise in der Schweiz der Nachkriegszeit. Statt Anpassung, Strebsamkeit und Respekt vor Autoritäten, das pure Gegenteil: Bewusste Provokationen, Vergnügen statt Fleiss und Arbeit, absichtliche Respektlosigkeit. Besorgte Bürgerinnen und Bürger, Behörden und Presse reagierten denn auch wie erwartet auf die Störenfriede: Entrüstet, verständnislos und zuweilen auch mit Repression.
Die Halbstarken waren sich durchaus bewusst, wie sich die Spiessbürger provozieren liessen und sie traten entsprechend auf. Jeans und Westernstiefel, Nieten und Ketten, das Bild der Helden, Elvis, James Dean, auf der übergrossen Plakette am Gürtel montiert. Die Haare kunstvoll zur Elvis-Tolle frisiert oder grosszügig auftoupiert bei den jungen Frauen. Die Zigarette lässig im Mundwinkel, das brachte Herrn und Frau Schweizer auf die Palme.
An der Chilbi, in einschlägig bekannten Lokalen, an eigens organisierten Treffen auf dem Land, dort traten sie in Erscheinung, dort rauften sie sich, feierten, tranken, hörten ihre Musik, dort waren sie Rebellen, unangepasst, provokant und wild. Für diese Wildheit war die Schweiz Ende der 1950er Jahre nicht bereit.
Aber Einfach Zürich ist bereit für diese Wildheiten und widmet den sich um 1960 auf dem Zürcher Milchbuck balgenden Halbstarken das erste Saisonprogramm-Plakat.
Bild: Milchbuck Zürich, ca. 1962 © Nachlass Karlheinz Weinberger